Von Kritik und Krittelei.
Von Kritik und Krittelei.
Die Verschriftlichung subjektiver Kritik als Momentaufnahme, nüchtern oder ironisch bis sarkastisch, ob im Tagebuch, oder auf dem eigenen Facebookprofil als Poesiealbum des Hier und Jetzt, bietet immer auch Gelegenheit zur Selbstreflexion und zur Auseinandersetzung mit den eigenen Maßstäben und deren Prüfung, vor allem aber auch reichlich Raum für Missverständnisse.
Denn die Zahl derjenigen, die das Angebot einer mehr oder weniger sachlichen Auseinandersetzung zu einem Thema in einem, für sie zugänglichen Thread als exklusive Einladung zur Diffamierung bis zur selbstgefälligen Demontage des Gastgebers oder als Messeplatz zur Exposition der eigenen moralischen Flughöhe missverstehen, wächst exponentiell.
Im besten Fall handelt es sich noch um eine Fehldeutung der Begrifflichkeiten und die Unfähigkeit zwischen einer, dank der sozialen Medien immer öffentlicher ausgetragenen, privaten Skepsis oder von Zweifeln des anderen und der eigenen, karokleinen Krittelsucht wie der omnipräsenten Lust am Tadel coram publico zu unterscheiden, um all das durcheinanderzuwürfeln und es gleichsam unschuldshammelnd als halbwegs wohlmeinende „Kritik“ deklarieren zu wollen im Dialog, der natürlich keiner ist, denn die Replik bezieht sich viel seltener auf die Sache, als auf den Veröffentlichenden und verkommt darin regelmäßig zur Kindergartenrhetorik ad personam. Hauptsache gut gekotzt und in fremder Leute Wohnzimmer defäkiert.
Als Gradmesser bietet sich ein Gegenbesuch an auf den Profilen der Replizierenden/Replikanten (kleiner Scherz am Rande für die Cineasten unter uns). Dort präsentiert sich regelmäßig nur mäßig Geistreiches jenseits von Tierbildern, totgeteilten Memes, der Dokumentation untergrenzwertigen Stils und Geschmacks in allen Belangen und nur selten bis nie der Beleg zur Begabung, sich inhaltlich mit etwas tatsächlich beschäftigen zu wollen oder zu können.
Leider ist man oft genug noch geneigt, sich darauf einzulassen, was als Affront gar nicht zur Einlassung bestimmt war. Fazit? Am besten folgt man bei Verwundung der Empfehlung des erfahrenen Lazarettchirurgen und schneidet weit im Gesunden. Expediert solche Energievampire zeitnah. Schmeisst die sozialmedialen Parasiten achtkant aus dem Haus. Keine Sorge, man verliert deswegen nicht an Reichweiten, aber nan gewinnt augenblicklich an Ruhe, Würde, Ausgeglichenheit. Die Blockierfunktion ist eine Gnade.