Kennst du das?

Soeben las ich in einem ZDF-Post eine hübsche Miniatur über den Fall eines der „most mysterious songs on the internet“, der als „cold case“ nach beinahe zwei Jahrzehnten zufällig aufgeklärt werden konnte. Und das auch noch durch ein Bandmitglied: „Subway to your mind“ lautet die provinznewwavige Kiste aus den frühen 80ern von der Kieler Band Flex, die sich 1985 schon wieder auflöste für ihre großen Erfolge. Jetzt nehmen die fidelen Senioren um einen Neil Young von der Ostsee das Teil nochmal neu auf. Was dann passiert, lässt sich gewiss leicht googeln.

Wer kennt das nicht? Da hört man irgendwo im Hintergrund im Café, im Fernsehen, im Auto, im Reel, wo auch imner ein paar Takte Musik, die durchdringen und einen erreichen. Das Ding gefällt, man würde die Nummer gerne noch einmal hören oder gar in Gänze. Was früher dazu führte, dass halbwegs musikkundige Bekannte, oder der Plattenladentyp schamfrei angesummt und angesungen wurden: „lalala, sag mal, kennst du das bitte“, gelingt heute dank Shazam oder Soundhound deutlich vereinfacht. Leider zieht man das Smartphone als Erkennungscolt nicht immer schnell genug, um den Tiel zu erwischen und manchmal suchen sich die Apps auch wund. Ergebnislos. Allein meine Shazamliste umfasst heute mehr als fünfhundert Titel. Aber oft kommt man gar nicht so weit, ein Fragment zu destillieren und hochzuladen, um die Schwarmintelligenz zu bemühen.

Erst in der letzten Woche, als ich eine dieser „Erdkundedokus“, die ich so liebe, aus der ARD-Mediathek über Indien „zwischen Slum und Wolkenkratzer“ sah, lief da im Hintergrund ein kurzer Schnipsel atmosphärischer Loungemusik. Also Pause, zurück, Shazam an ... Start: Kein Ergebnis, auch nicht in der Verlängerung. Also? Noch einmal! Da ist es also: „Master Grounded“ von Joris Pons, Alexandre Montagne & Grégoire Vo. Iziba-Afternoon-Stoff für vor die Piste, federleicht. Gläschen Brause? Auf Spotify, Apple Music und YouTube nicht verfügbar. Amazon Music buchen? Hmpfh. Och nö, lasst mal ... so wichtig ist es auch nicht.

Ich bin sicher, jeder von und hat da ungezählte Anekdoten parat. Nicht selten hat es ja auch mit der Besonderheit des Augenblicks zu tun.

Wie auch in einem weiteren, jahrelang unaufklärbaren Fall auf einer der Plattformen für akustische Findelkinder. Originellerweise gab da ein Suchender an, er sehnte sich nach einem Titel aus den frühen Achtzigern, dessen Bruchstücke als Stimmungskulisse eines einschlägigen Erwachsenenbewegtbilddokuments: „Angels of Passion“ aus dem Jahr 1985 dienten. Und siehe da, es gab genügend sachfeste Connaisseure (passionierte „Vorhautjogger“), die das Mysterium auch nach beinahe vierzig Jahren noch aufzulösen vermochten. Da soll die Kirche doch nochmal behaupten, regelmäßige Masturbation mache dumm, taub und vergesslich.

Amen.

Bruno SchulzComment