Awareness?
Das auch noch …
Kürzlich ging es hier in einer Runde um „awareness“. „Was sollen denn ständig diese blödsinnigen Anglizismen“ … das ist ein Spruch wie ein speckiger, abgetragener Stützstrumpf, nicht mehr haltbar, selbst auch schon wieder so ein müder, banaler Standard, den keiner mehr hören will. Facebook-Dieter empört sich, ein Floh der hustet. Hausmeistersprachchauvinismus. Für sein volksnahes Alltagsgeschwätz reichen ihm inzwischen tatsächlich ganze vierhundert bis maximal achthundert Wörter aus. Er wehrt sich hochallergisch gegen jede weitere Anstrengung. Dass Sprachen verbinden und ganze Kontinente zusammenwachsen kommt ihm nicht in den Sinn.
„Awareness ist ein Begriff, den alle nutzen. Weit über das kleine Karo hinaus. Fest verankert im Kommunikationssprech - ist das jetzt eigentlich schon ein Pleonasmus? Alle wissen, was gemeint ist. Gut, dass wir uns darauf einigen konnten.“
Ist das so? Wissen wirklich alle, was gemeint ist? Vielleicht. Frage an alle: „Was ist Awareness?“ „Bekanntheit!“ Einhellig meinen die. Hm. So? Deepl meint, es sei „Bewusstsein“. Der Duden findet einige Synonyme dazu: Erkenntnis, Gewissheit, Vollgefühl, Wissen. Überzeugung. „Ja, auch.“ Die deutsche Sprache bietet jede Menge Möglichkeiten, die Dinge immer differenzierter einzuordnen. Je größer das Vokabularportfolio, desto präziser gelingt der Datentransfer.
Für mich bedeutet „awareness“ spontan „Gegenwärtigkeit“. Das ist der erste Begriff, der mir heute morgen beim Duschen dazu eingefallen ist: zack, so wars. Der Duden findet dafür „Anwesenheit“ und „Bezug zur Gegenwart“. Nicht schlecht. Reicht uns das? Das „digitale Wörterbuch der deutschen Sprache“ beschäftigt sich mit dem deutschen Wortschatz von 1600 bis heute, will es da schon deutlich genauer wissen und extrahiert in „Achtsamkeit“, das „Leben im Hier und Jetzt“, „passive Geistesgegenwärtigkeit, „Mindfulness“ als englischen Fachsprech. Das Wortprofil steigt noch viel tiefer ein. Ich erspare uns das hier. Wer sich interessiert, kann es leicht ergoogeln.
Warum also Gegenwärtigkeit? Weil es um das geht, was uns gegenwärtig ist. Präsent. Jetzt in der Gegenwart, in unserer Gegenwart, in diesem Augenblick. Verbindung. Anbindung. In der Kommunikation sprechen wir von „top of mind“, „unaided“ und „aided recalls“. Was assoziiere ich augenblicklich, wozu brauche ich mehr oder weniger Unterstützung für den Abruf der Information? „Awareness“ lässt sich demnach qualifizieren, bemessen? Aber ja, selbstverständlich. Das kann man ruhig wissen, wenn man sich ihrer bedienen mag.
Guten Morgen.