Vanlife 1970

„Einige ihrer Reisen und Werke sind jedoch durchaus kontrovers zu betrachten. Während ihres siebenjährigen Aufenthalts in Iran von 1967 bis 1974 war Bau beispielsweise Gast des autoritären Shahs, wohnte in seinem Gartenhaus. In ihrem Reisebuch „Iran, wie er wirklich ist“ zeichnete sie ein wohlwollendes Bild der Shah-Familie, die Menschenrechtsverletzungen im Land sparte sie aus.“

Von den Menschenrechtsverletzungen des Pfauenthrons wird Frau Bau nicht allzu viel mitbekommen haben in ihrem Bulli oder im Gartenhaus der Pahlavis vor mehr als 50 Jahren. Kein Grund, ihr großes Abenteuer auch nur ein My zu schmälern, so selbstgefällig wie gratismutig und neunmalklug mit dem Blickwinkel von 2024. Vollkommen vorbei an den Realitäten einer solchen Reise zu einem Zeitpunkt, als ihre Kritiker noch als Quark im Schaufenster standen, um heute herumzuhausmeistern. Wieviel Menschenrechtsverletzungen bekommt man eigentlich heute so mit in den Redaktionen, topvernetzt mit allen Diensten, ohne diese kaum ansatzweise zu erwähnen, weil es gerade nicht in die Agenda passt? Das, was die Revolution der Ayatollahs 1979 brachte, war jedenfalls ganz sicher keine Besserung.

Meine Eltern hatten 1968 ebenfalls einen alten Bulli ausgebaut und sind mit zwei Kleinkindern, meiner Schwester und mir für mehrere Monate durch Skandinavien gereist. Lächerlich gering, verglichen mit der sagenhaften Tour der Milli Bau und doch ist mir das auch heute, über 50 Jahre später, noch immer eindrucksvoll und lebhaft in Erinnerung. Was man alles mit kaum mehr als 40 PS auf knappen Raum erreichen kann und erleben darf. Das hatte wenig zu tun mit dem Vollkasko-Vanlife von heute.

Bruno SchulzComment