Entscheidungen

In den letzten 30 Jahren habe ich eine Menge Entscheider kennenlernen dürfen, die ihre Wahl der „Werkzeuge“ immer häufiger danach treffen, wie sich eine Situation subjektiv anfühlt, anstatt nach objektiv sachkundigen Prinzipien zu handeln. Woran liegt das?

Der Mensch entscheidet lieber mit dem Bauch als mit dem Kopf. Das ist nicht immer schlecht, wie die Wissenschaft herausgefunden hat. Gerade bei spontanen Entscheidungen ist die Intuition ein besserer Ratgeber als man ahnen möchte.

Zum Glück müssen nicht alle Entscheidungen spontan getroffen werden und besonders bei strategischen Überlegungen lohnte sich vermutlich häufiger eine dezidierte Aufsicht, bei der man auch mal einen Schritt zurückgehen sollte von der Landkarte.

Ja, das ist unbequem. Und darum haben viele Entscheider offenbar lieber mit Menschen und deren Lösungen zu tun, die sie selbst nicht überfordern, ihnen ein Kumpaneigefühl schenken mit mäßigem, aber spürbarem Gefälle zum Dienstleister hin. Gerade soviel, dass man zusammen ein Bier trinken kann, aber immer klar bleibt, wer der Herr im Haus ist. Auch und vor allem intellektuell. „Höhö, niedlich sind sie ja, die kreativen Spinner.“ Wer lässt sich schon gerne die Butter vom Brot nehmen?

Das Ergebnis des procedere birgt nur selten Fortschritt: ohne Innovation keine Entwicklung. In Kombination mit blinder Referenzengeilheit, auf keinen Fall auch nur irgendeiner Vergleichbarkeit zu entwachsen und dauerhaft ein vermeintliches Standardprestige einzuhalten, entsteht das lähmende Gift gewerblicher Verhaltensstarre. Das Curare der unternehmerischen Durchschnittlichkeit. Wie kann ich hervorstechen, wenn ich mich regelmäßig meiner Potenziale beschneide und jede Dynamik im Keim ersticke? Eben.

Wer seine Werkstatt danach wählt, weil der Meister ein netter Kerl ist, die Tochter vom Bürgermeister geheiratet hat und das ganze Dorf dort seine angejahrten Mittelklassen warten lässt, hat einen routinierten Standard mit zuverlässigem Ergebnis zu erwarten. Die Leistung bleibt immer gleich, zumindest ähnlich.

Schön, dass sich manche Dinge niemals ändern? Vielleicht. Einen anspruchsvolleren Sportwagen wollte man dort lieber nicht zur Durchsicht geben und mit Innovationen oder Perspektiven im internationalem Motorsport ist ebenfalls kaum zu rechnen. Muss ja auch nicht. Richtig. Die meisten sind genügsam und freuen sich schon auf das abendliche Pils am Stammtisch der heimischen Tränke mit gegenseitigem Schulterklopfen und der Gewissheit, Neid und Missgunst sorgsam zu umschiffen.

Aber mal ehrlich, ein bisschen Sonne und Champagner wäre ja auch schon mal ganz schön. Von Zeit zu Zeit. Und die Blicke nimmt man auch gerne mal mit. Oder?

Foto: Netzfund.

Bruno SchulzComment