Abarbeiten.

Wenn die knorpelige Vokabel „abarbeiten“ in den Ring geworfen wird, ist das inzwischen für gewöhnlich das schrille Signal, den umfleischenden Kommentar umgehend als unverdaulich ungelesen auszublenden. Zugegeben, ich spiele schon mit dem Gedanken, das nur vermeintlich unschuldige Verb als Buzzword in die no-go-Liste meiner Profileinstellungen in den mehr oder weniger sozialen Medien nachzutragen.

Was mich an „abarbeiten“ nervt? Ganz einfach: anderen und mir zu unterstellen, man würde sich „an etwas oder jemandem abarbeiten“, ist heute in der Regel keine sachliche Kritik mehr, sondern der banale Ausdruck einer anmaßenden wie übergriffigen, selbstgefälligen psychologischen Laiendiagnose, und in der folgenden Auflösung fast immer eine übergriffige Bemühung, den bezeichneten fremden subjektiven Ausdruck nach der eigenen schlichten Schablone umzubiegen, ohne diesen in seinem Kontext verstehen zu wollen oder zu können.

Kann es tatsächlich gesund sein, das eigene Themenspektrum an den schlichten Mustern von zwanghaft Hyperfokussierten auszurichten? Besser nicht. Natürlich ist es wichtig, sich von Zeit zu Zeit selbst zu reflektieren, gerne auch auf fremde Hinweise um sicherzustellen, sich nicht in fixe Ideen zu verrennen. Aber beispielsweise ein System „Heidi Klum“ nicht bezeichnen zu sollen als das, was es ist, nur weil man als dicke, alte weisse CIS-Hete gefälligst nichts mehr über Frauen per se zu sagen habe, riecht mehr nach der Überführung in ein rustikales Lager zur politischen Umerziehung durch die roten Khmer, denn nach einer objektiven Durchsicht einer vorgetragenen Haltung.

Noch eindeutiger liegt die Sache wohl bei den Patienten, die es sich hysterisch ereifernd nicht ertragen können, dass man ihr Idol Taylor Swift vorgeblich misogyn als junge, blonde Frau zu ramponieren trachte, nur weil man beispielsweise deren mediale Glorifizierung als personifizierte „Kapitalismuskritik“ - leider kein Witz - süffisant in Frage stellt, da man das mit der Nutzung von Privatflugzeugen zu den Ereignissen sportlichen Wettstreits des temporär offiziellen Beischlafberechtigten im Wertemaßstab schlecht zusammenbringt.

Überflüssig zu erwähnen, dass im Kontext schnappreflexhaft noch die üblichen Neidargumente verklappt werden, um die Hilflosigkeit der eigenen Position in rhetorischer Unbedarftheit zu untermauern. Darum noch einmal nachdrücklich hier, an dieser Stelle: ich bin nicht neidisch auf Taylor Swift oder andere, ich bin ziemlich zufrieden mit dem was ich bin, kann und habe und voller Demut dankbar, nahezu jeden Tag tun zu müssen, was ich will.

Achja, und wenn ich bereits zum fünten oder sechsten Mal den „verbotenen Namen“ des Götzen binnen eines halben Jahres vortrage, ist das bei durchschnittlich mehr als zehn Beiträgen pro Tag kaum im Promillebreich und statistisch betrachtet vollkommen irrelevant. Das kommt der maulenden Myrthe nur so viel vor, weil sie eben hyperfokussiert ist und sich anscheinend nicht vorstellen kann, überhaupt jemals etwas Produktives beizutragen jenseits vin Tierwelpenbildern oder falsch zitierten Sinnsprüchen in exotischen Fonts.

Zu guter Letzt wollen wir doch bitte festhalten, dass das hier ein unwichtiges Privatprofil ist und bleibt, auf dem ich weiterhin meine Sicht auf die Dinge dahersalbadere, ganz wie es mir gefällt und ohne jeden Anspruch auf Allgemeingültigkeit, solange Facebook mich nicht wieder sperrt. Wem mein Sermon nicht schmeckt, der entfolge mich bitte oder blockiere mich. Am liebsten ohne den trittbrettelnden „dramatic exit“ der chronisch Unbeachteten.

Danke.

Bruno SchulzComment