Die Socialmedioten.
Eine Deppenapokalypse. Sie sind da, um die Kommentarspalten unschuldiger Zeitgenossen zu okkupieren und regelmäßig mit ihrer Verbaldiarrhoe so unaufgefordert wie dauerfrustiert vollzuscheissen, immer wütend, aggressiv, rechthaberisch, dabei plump und infantil, in ständiger kognitiver Dissonanz: die Socialmedioten.
Ihr curriculum vitae exponiert in tragischem Stolz ihre Bildungsferne aus Stationen der „Straße als harter Schule des Lebens“ oder dem zeitgeistigeren Pendant, der „school of hard knox“. Aller Erkenntnisgewinn entstammt ihrem Studium in unermüdlicher Fort- und Weiterbildung in den einschlägigen Kanälen an der „University of YouTube“. Die Socialmedioten träumen von guten alten Zeiten, als die Gummistiefel noch aus Holz waren und selbst nach einem siebentägigen Unterwassermarsch innen weiter trocken blieben, wie damals im Kartoffelkrieg, aber das ist schon wieder eine andere Geschichte.
Früher war ohnehin alles besser. Bis auf die Zukunft. Da durfte man noch ungestraft Frau und Kind misshandeln, den Schokokuss mit Fettglasur beim wahren Namen nennen, sowie das Schnitzel nach Art der Rotationseuropäer. Alle Ausländer kamen aus Neukaledonien oder wenigstens aus einem kleinen Inselreich im Südpazifik, nördlich von Neuseeland. Zumindest ließ deren Bezeichnung darauf schließen. Und man durfte über die senil schalen, gerne misogynen, bodyshamenden, ableistischen, xenophoben oder antisemitischen Popofingerwitzchen der üblichen, verdächtigen Kryptorchiden im Samstagabendprogrom der Öffentlichrechtlichen „Bedürfnisanstalten“ lachen, die vor allem deshalb witzig waren, weil sie immer die anderen trafen und nie einen selbst: wer den Schaden hat, spottet jeder Beschreibung, gell? ... „Heul doch!“
Die Socialmedioten lieben schlichte Formeln, dämliche Feindbilder, peinliches Diffamieren, Blaungemichel und starke Männer, oder zumindest solche, die das simulieren und die gerne in die Kamera zeigefingern, wie einst Dieter Thomas Heck. Lebt der eigentlich noch?
Sie treten immerhin selbst den Dauerbeweis an, dass hier noch jeder alles sagen darf und zu jeder Zeit. Sogar die irre Halluzination, „dass man gar nichts mehr sagen dürfe“. Leider mag sie keiner daran zu hinderndft, selbst wenn das Gewährenlassen natürlich eine Qualität unserer pluralistischen Demokratie ist und ein Ausdruck unserer außerordentlichen Ambiguitätstoleranz.
Meinung! Der Bibliothekar Martin Gerhard Reisenberg wusste festzuhalten: „Eine Meinung bleibt halt nur eine Meinung, auch viele Zustimmer verdoppeln sie nicht.“
„Jedermann spricht von der öffentlichen Meinung und meint mit öffentlicher Meinung die öffentliche Meinung abzüglich seiner eigenen Meinung.“ Damit bringt es Gilbert Keith Chesterton auf einen weiteren Punkt. Ach, einen noch. Francesco Petrarca: „Meinung ändert keine Tatsachen“ aus seinem Alterswerk „Über die Weltverachtung“. 14. Jahrhundert. Dem ist nur wenig hinzuzufügen.
Brigitte und Frank Mustermann wissen es allerdings dann doch besser und beharren auf ihren Befindlichkeitsflatulenzen und auf das vermeintliche Recht, diese überall und jederzeit auszubreiten samt der kennzeichnenden Satzzeicheninflation. Och nö. Hier doch nicht. Ich lasse mir doch nicht in mein Wohnzimmer defäkieren:
„Scheisse auf dem Sofakissen,
wird man wohl entfernen müssen.“
Also? Abflug!